Dr. Wolfgang Eckelt im Gespräch mit Klaus Fröhlich | Top Company Guide

In dialog with Klaus Fröhlich

Mitglied des Vorstands der BMW AG, Entwicklung

Eine „one-fits-all“- Lösung wird es nicht geben. Wir sehen eine Vielfalt von verschiedenen Antriebstechnologien über viele Jahre.

Wenn ich Sie nach den derzeit größten Herausforderungen für die Fahrzeugentwicklung bei BMW frage – wie lautet Ihre Antwort?
Die individuelle Mobilität befindet sich in einem technologischen Umbruch. Das Automobil wird sich in den nächsten fünf Jahren stärker verändern als in den letzten dreißig Jahren. Dieser Wandel wird einerseits durch eine sich weltweit beschleunigende, uneinheitliche Regulation bezüglich Verbrauch, Emissionen und Sicherheit getrieben. Andererseits ändern sich auch die Kundenanforderungen fundamental: Sie fordern eine „seamless connectivity“ und eine intelligente Unterstützung in allen Fahrsituationen durch ein smartes Fahrzeug. Hier orientiert sich der Kunde an seinen Möglichkeiten im Internet und zum Beispiel mit seinem Smartphone.

Verbrennungsmotoren, Hybride, Elektrobatterien, Brennstoffzellen – welche Antriebstechnologie hat Ihrer Meinung nach das größte Zukunftspotenzial?
Eine „one-fits-all“-Lösung wird es nicht geben. Wir sehen eine Vielfalt von verschiedenen Antriebstechnologien über viele Jahre. Für den Ver- brennungsmotor wird es aber auf jeden Fall enger. Er wird gleichzeitig noch lange notwendig sein und hat mit Subsystemen wie beispielsweise Niedervoltrekuperationssystemen und zusätzlichen Investitionen noch Potenzial. Die Elektromobilität kommt definitiv: In Deutschland langsamer, in den USA schneller und in China disruptiv. Die Elektromobilität wird aber auch noch lange konzept- und marktspezifisch unterschiedlich mit batterie-elektrischen und Plug-in- elektrischen Angeboten geprägt sein. Die Brennstoffzelle ist lange angekündigt. In den nächsten zehn Jahren wird sie in Bezug auf Kosten und Funktionen kundenrelevant werden.

Teilen Sie die Einschätzung, dass China künftig Leitmarkt für Elektromobilität sein wird? Welche Rolle spielt das Automobilland Deutschland?
Ja, China wird Leitmarkt für die E-Mobilität. Wenn Städte wie Peking nur noch reine E-Autos hinein lassen, kann man eine enorme Nachfrage erwarten. Dort liegt das größte Wachstum, jedoch im niedrigen Preissegment mit Minimal-BEV-Konzepten. Und China fördert mit dem NEV-Mandat zusätzlich die lokale Produktion. Die BMW Group wird daher für China weitere Plug-in-Hybride und reine E-Fahrzeuge in einer lokalen Produktion in Serie bringen.

In Deutschland dürfen wir nicht weiter ungenutzt die Zeit verstreichen lassen. In den USA und China wird schon länger – auch vom Regulator – konsequent an den Themen Infrastruktur, Entwicklung, Produktion und Nutzung gearbeitet und dort sind bereits Fortschritt und Marktwachstum erreicht worden. Das Ergebnis wäre, dass Deutschland und Europa dann nur noch einen Stand der Technik übernehmen könnten, der andernorts gesetzt wäre.

Welche Entwicklungspläne hat BMW in Sachen E-Mobility aktuell in der Schublade?
Halten Sie am Konzept der i-Modelle fest?

Wir hatten ursprünglich für 2020 bei der Elektromobilität eine Marktdurchdringung von zehn Prozent antizipiert. Auch um unsere CO2 -Ziele zu erreichen. Diese Penetration erreichen wir im Augenblick aber noch nicht. Wir müssen also weiter an der Umsetzung unserer Strategie arbeiten, und dabei sind Plug-in-Hybride integraler Bestandteil. In Summe wird der Ausbau des Angebots elektrifizierter Fahr- zeuge in den nächsten Jahren anhalten. Über alle Marken und Baureihen werden wir 2020 weltweit auf eine zweistellige Anzahl von Plug-in-Hybridmodellen kommen.

Mit unserem Projekt „iNext“ haben wir uns den Durchbruch zum vollautonomen Fahren vorgenommen und wollen führend bei diesem Thema sein. Außerdem wird iNext noch in anderen Innovationsfeldern wie der Vernetzung neue Maßstäbe setzen und selbstverständlich weiterhin auch Vorreiter beim Elektroantrieb sein.

Dr. Wolfgang Eckelt im Gespräch mit Klaus Fröhlich | Top Company Guide
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Die Digitalisierung der Branche stellt neue fachliche Anforderungen. Wie haben Sie Ihre Engineering-Teams aufgestellt, damit sie diesen gerecht werden können?
Ich habe meine Organisation im April 2016 bereits entsprechend ausgerichtet. Das Thema Elektronik wurde deutlich gestärkt. Das vernetzte Fahrzeug benötigt enorm gesteigerte Rechnerleistungen, Softwarequalität und Sicherheitskonzepte. Und ich habe zusätzlich ein „Schnellboot“ aufgesetzt: eine Organisation, die die Befähigung zum vollautonomen Fahren in kürzester Zeit auf die Beine stellen soll. Dort haben wir auch ein „Center for Artificial Intelligence und Machine Learning“ etabliert, um im Themenfeld der künstlichen Intelligenz schnell Boden zu gewinnen.

Sie vergleichen das Autonome Fahren gerne mit einem Marathonlauf. Welche Eigenschaften sind wichtig, um die Ziellinie zu erreichen?
Es gibt drei Treiber: Der eine ist das Kundenbedürfnis, nicht immer selbst fahren zu wollen. Denken Sie nur an die Stausituationen oder die Parkplatzsuche in Großstädten. Der zweite Treiber sind neue Business Modelle. Vor allem branchenfremde Firmen benötigen das Autonome Fahren, um ihre Geschäftsmodelle zu optimieren. Auf der Autobahn können wir heute schon relativ einfach autonom fahren. Drittens die Regulation, die über Autonomes Fahren die Anzahl der Verkehrsopfer signifikant reduzieren will. Wir warten also nicht, bis alle Regulatoren weltweit die Produkthaftung und die gleichen ethischen Maßstäbe geklärt haben. Es wird regional beginnen. Bis wir aber Großstädte wirklich durchdringen, vergehen noch einige Jahre. Darum wird die BMW Group die Technologie Stück für Stück ausrollen.

Am Anfang steht eine hochgenaue Karte – deshalb der gemeinsame Erwerb von HERE. Zudem brauchen wir im Fahrzeug ein Sensor-Cluster. Die Umgebung muss zentimetergenau erfasst werden. Dafür gibt es heute noch keine Sensoren. Da haben wir noch viel Entwicklungsbedarf – besonders bei der Scanner-Technologie.

Nach unserer Einschätzung lässt der heutige Stand der Technologie noch keine Serienfahrzeuge zu, die im Straßenverkehr automatisch und ohne Unterstützung des Fahrers sicher fahren können. Mit der richtigen Technologie macht automatisiertes Fahren Verkehr auf den Straßen aber sicherer für alle. Ich bin überzeugt, dass es in den USA und China sehr schnell Realität wird.

Dr. Wolfgang Eckelt im Gespräch mit Klaus Fröhlich | Top Company Guide
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Wie lange werden Fahrzeuge von BMW noch mit einem Lenkrad ausgestattet sein?
Das Auto der Zukunft wird noch lange ein Lenkrad haben. Der Kunde wird die freie Wahl haben zwischen selber fahren und gefahren werden. Es wird aber in naher Zukunft vielfältige Formen geben, die den jeweiligen Bedürfnissen der Kunden und den unterschiedlichen Fahrsituationen gerecht werden. Die gesamte Varianz der Möglichkeiten haben wir im letzten Jahr anlässlich unseres 100. Jubiläums in die Gestaltung von vier Visionsfahrzeugen einfließen lassen. Diese geben einen guten Einblick, was in Zukunft möglich sein wird und woran wir forschen. So zeigt zum Beispiel der BMW VISION NEXT 100, wie die bereits sprichwörtliche „Freude am Fahren“ in der autonomen Zukunft aussehen könnte. Der Rolls-Royce VISION NEXT 100 hingegen bietet einen Einblick in die zukünftige Welt des maßgeschneiderten automobilen Luxus mit einem lernenden virtuellen Assistenten.

Zum Schluss: Wie stellen Sie sich persönlich das Auto der Zukunft vor? Welche Features sind Ihnen wichtig?
Ein BMW muss und wird immer ein BMW bleiben. Ich möchte den Auto- mobilen in Zukunft gerne noch mehr Persönlichkeit, mehr eigenen Charakter geben. Trotz vergleichbarer Basis hat beispielsweise ein 3er Gran Turismo eine ganz andere Ausprägung als ein M2. Jedes Auto muss sich anders anfühlen, einen eigenen Charakter haben. Und damit adressieren wir auch sehr unterschiedliche Kundengruppen. Aktuell überzeugt mich unser neuer BMW 5er besonders. Er ist bereits die erfolgreichste Business-Limousine und wird dies auch in seiner siebten Generation bleiben. Überragend sind seine noch agileren und präziseren Handlingeigenschaften: Gefühlt bewegt man eher einen BMW 3er, gleichzeitig wird man fast so sehr umsorgt wie in einem 7er. Und um das zu erleben, muss man gar nicht auf eine Rennstrecke gehen: Schon auf einer Autobahnausfahrt oder kurvigen Landstraße wird diese Präzision deutlich. Und auch die Antriebe machen in jeder Situation einen souveränen Eindruck.

Privat sind neben den Automobilen vor allem Motorräder meine Leidenschaft. Wenn ich mit meiner BMW S 1000 RR einige schnelle Runden auf der Rennstrecke drehe, schlägt mein Herz immer noch höher.

Dr. Wolfgang Eckelt, High Performance | Top Company Guide