DER KONZERT-KAPELLMEISTER
In dialog with Leslie Mandoki
Herr Mandoki, Sie sind jetzt seit über 30 Jahren eine feste Größe im internationalen Musikgeschäft und so vielfältig aufgestellt wie kaum ein anderer Künstler. Wie lautet Ihre Antwort, wenn ich Sie nach dem Geheimnis Ihres Erfolges frage? „Only the sky is the limit“ – als Musiker lernt man bereits in jungen Jahren, jeden Tag zu versuchen, ein besserer Musiker zu sein. Die persönliche Messlatte liegt immer ein Stück höher. Der einzige Orientierungspunkt für unser künstlerisches Tun ist das nächste Konzert, die nächste Vertonung oder die nächste Aufnahme im Studio. Ich bin tief davon überzeugt, dass dieses gnadenlose Qualitätsprinzip in fachlicher Hinsicht, klare Visionen und die Kraft, sie Realität werden zu lassen, in Verbindung mit einem aufrichtigen Umgang in jeder persönlichen Begegnung zwangsläufig das ergeben, was allgemein als Erfolg bezeichnet wird.
Was produzieren Sie lieber – den Soundtrack für ein Disney Musical oder einen Audi Werbespot? Diese Frage habe ich mir selbst noch nie gestellt. Ich vertiefe mich stets in meine jeweilige Aufgabenstellung und bin schlichtweg künstlerisch ergebnisorientiert. Tatsächlich kann ich spüren, welche Situation welche Art von Musik braucht, um volle Wirkung zu entfalten. Es ist egal, ob es sich dabei um ein abendfüllendes Jazzrock-Konzert handelt oder den Jingle für eine Produktpräsentation.
Stichwort „Branded Entertainment“: Welche künstlerischen Freiheiten haben Sie, wenn Sie mit einem Automobilkonzern als Auftraggeber Fahrzeugpräsentationen musikalisch begleiten? Ich habe alle Freiheiten und halte dies für ein sehr großes Privileg, für das ich äußerst dankbar bin. Jede Marke hat ihr eigenes Image und ihren eigenen Charakter, für mich ergibt sich daraus die Musik fast natürlich. Mal muss es für eine Porsche Präsentation lauter Gitarrenrock sein, mal mediterrane Flamencoklänge mit Deep House für den Aufritt der spanischen VW Tochter Seat. Fakt ist: In der Automobilindustrie habe ich unendlich mehr Kreativität in der Kommunikation und im Marketing gefunden als in der Musikindustrie. Manager, die herausragende Ingenieure, Marketing- oder Kommunikationsexperten sind, erkennen die Qualität auch in anderen Bereichen wie der Musik an.
Sie haben eine klassische Musikausbildung genossen und feste Wurzeln im Jazzrock. Wieweit müssen Sie sich innerlich für einen Song in der Produktwerbung oder ein Konzert zur Markenpflege „verbiegen“? Gerade das ist vielleicht wahrhaftig das Erfolgsgeheimnis – genau das ergibt einfach gnadenlos und kompromisslos gute Musik.
An welchen Auftritt in den letzten fünf Jahren erinnern Sie sich besonders gern zurück? Da gibt es viele: Das Konzert „25 Millionen Golf“ in der Volkswagen Arena Wolfsburg gehört fraglos dazu. Genauso unser „Soulmates Aquarelle“-Konzert in der O2 World in Berlin und unsere „50 Jahre Rock“-Shows. Auch unser Jubiläumskonzert in Budapest Mitte Februar 2013 passt in diese Kategorie.
Man sagt Ihnen nach, Sie seien ein „Beziehungskünstler“ und verstünden sich darauf, aus losen Bekanntschaften stabile Arbeitsbeziehungen zu machen. Hilft Ihnen das beim Pendeln zwischen der Musik- und Wirtschaftswelt? Musiker sind gesellige Menschen. Aber bedingt durch die radikal intensiven Arbeitsstunden, die nun mal der gestalterische Freiraum, den ich habe, mit sich bringt, bin ich eigentlich sehr selektiv, was meine persönlichen Beziehungen angeht. Aber ich empfinde es als ehrenvolles Privileg und gleichermaßen intellektuell wie emotional sehr bereichernd, wenn ich mich mit den Antwortgebern unserer Gesellschaft austauschen kann und dabei Freundschaften entstehen.
Sehen Sie sich eher als Musiker oder als Netzwerker? Ist Leslie Mandoki nicht längst zu einer einflussreichen Künstler-, Event- und Beratungsagentur geworden? Statt Konzerte zu sponsern und mehr oder weniger sinnfrei ein Banner mit Logo über die Bühne zu hängen, empfehlen wir der Industrie heute die Konzerte und Events für Multiplikatoren und ihre Kunden lieber selbst entstehen zu lassen. Botschaften und Inhalte sind somit ganz speziell und exklusiv auf die jeweilige Eroberungszielgruppe zugeschnitten. Und nur weil ich gute Kontakte zu Musikerkollegen wie Chris de Burgh, Peter Maffay, Eric Burdon, Lionel Richie oder Phil Collins unterhalte, bin ich noch lange kein Netzwerker. Ich bin Künstler, der durch intensive Begegnungen im Umfeld von Politik, Wirtschaft, Medien und in der Künstlerwelt natürlich den ein oder anderen Impuls zu setzen versucht. Wenn das gelingt, ist es mir immer eine ganz besondere Freude. Am Ende aber geht es mir immer um die Musik. Um die perfekte Musik.
Ein wichtiges berufliches Standbein ist für Sie die enge Zusammenarbeit mit der Filmbranche in Hollywood. Mit welchen Aufgaben befassen Sie sich dort aktuell? Es gehört zu den Gepflogenheiten in Hollywood, dass man über die aktuellsten Projekte, die in Arbeit sind, nicht spricht, weil die gewöhnlich erst in zwei Jahren ins Kino kommen. Aber so viel kann ich Ihnen verraten: Das kreative Umfeld Hollywoods inspiriert mich immer wieder aufs Neue.
Sie wurden in Ungarn geboren und sind 1975 unter Lebensgefahr in den Westen geflohen. War das der heikelste Moment, den Sie bisher erlebt haben? Nicht unbedingt. Das war einfach ein Bruch in meiner Lebenslinie. Als ich gerade 16 war, starb mein Vater an Krebs – dieser Verlust war sicher ein wesentlich tieferer Einschnitt. Richtig heikel war es für mich dagegen, aus dem Ghetto des intellektuellen Nihil in der Schlagerwelt loszukommen. Mein erstes Album „Back To Myself“ war der „Soundtrack“ zu dieser Phase.
Was bedeuten Ihnen Werte, Moral und Aufrichtigkeit – gerade vor dem Hintergrund, dass Sie im oft oberflächlichen Showbusiness zu Hause sind? Werte sind unser aller Wurzeln. Freundschaften, Verbindungen und Beziehungen entstehen immer auf der Basis einer Wertegemeinschaft. Das ist die Leitlinie meines Lebens. Und wenn Sie die Namen der Künstler und Macher in anderen Bereichen ansehen, mit denen ich das Privileg habe, arbeiten zu dürfen, dann werden Sie feststellen, dass auch die „Soulmates“ nichts anderes sind als eine musikalische Wertegemeinschaft.
Wie und wo lebt Leslie Mandoki heute am liebsten? Welche Rolle spielen „Sex, Drugs and Rock’n’Roll“? Ich bin eigentlich ein sehr urbaner Mensch. Budapest, London, New York, Los Angeles sind wichtige Städte in meiner Biografie. Aber München ist schon lange mein zu Hause und hier am Starnberger See, zwei Kilometer entfernt von meinen Red Rock Studios zu leben, empfinde ich als ein großes Glück – auch, dass meine Kinder in diesem Paradies aufwachsen können und ich in diesem traumhaften Studio meine Ideen umsetzen darf. Aber so gerne ich Zuhause am Starnberger See bin, so bringt es der Beruf mit sich, dass mein Leben zwischen Los Angeles, Shanghai, Moskau, São Paolo oder Tokyo und London stattfindet. Das ist wunderbar. „Sex, Drugs and Rock’n’Roll“ hat auf mich als Bandleader noch nie zugetroffen.Ich will aber nicht abstreiten, dass viele begnadete Musiker und Künstler mit dem Druck nicht klar gekommen sind und in Alkohol oder Drogen das Heil gesucht haben.
Was dürfen wir von einem renommierten Musikexperten und Visionär für innovative Veranstaltungskonzepte wie Ihnen als Nächstes erwarten? Es liegt in der Natur des Künstlers, dass er immer in der Welt des nächsten Projekts lebt und alles daran setzt, dass die Liebe, die Zuneigung und der Respekt des Publikums mit jedem großen Event eine noch stärkere, intensivere Verbindung schafft. Wir haben eine ganze Reihe von Ideen, wie wir uns immer wieder neu definieren werden.